Welche Sprache soll ich lernen?
Eine Welt, tausend Sprachen: Die Qual der Wahl
Die Welt rückt immer näher zusammen. Während es vor hundert Jahren ausreichte, Englisch und Französisch zu beherrschen, um sich mit praktisch jedem Menschen, dem wir begegnen, auszutauschen, hören wir heute auch im Alltag immer mehr Sprachen, die nicht aus unserer direkten geographischen Nachbarschaft stammen. Wenn sie eine Sprache erlernen investieren Sie jedoch immer viel Zeit und Mühe. Auch wenn wir liebend gerne alle Sprachen sprächen, so ist uns dennoch eine natürliche Grenze gesetzt. Doch wie treffen Sie die richtige Wahl, und gibt es überhaupt eine „richtige Wahl‟?
Die Antworten auf diese Fragen orientieren sich in erster Linie an dem Grund, aus dem Sie eine neue Sprache lernen wollen. Sie haben ihre ganz eigene Motivation dafür und daran macht sich selbstverständlich auch fest, welche Sprachen für Sie in Frage kommen.
Karriere und berufliche Fortbildung
Sprachen sind eine wichtige Sprosse auf der Trittleiter zum beruflichen Erfolg. Möglicherweise, weil Ihr Beruf Sie in ferne Gestade entsendet, oder weil die Kommunikationswege ihres Jobs Sie in Kontakt mit anderen Sprachen bringen.
Businesssprachen
In der Businesskorrespondenz ist Englisch wie zu erwarten die erste Wahl. Mit Englisch kommen Sie beinahe immer weiter, wobei Sie hierbei ausdrücklich darauf achten sollten, amerikanisches Standardenglisch zu erlernen. Britisches Englisch ist in dieser Hinsicht zwar auch nicht verkehrt, wirkt aber möglicherweise ungewöhnlich. Ein guter Vergleich ist es vielleicht, wenn Sie sich vorstellen, dass ihr indischer Geschäftskontakt zwar fehlerfreies Deutsch spricht, aber nur im Ruhrpottdialekt.
In den letzten zwei Dekaden ist auch Chinesisch immer wichtiger geworden, während China sich eindeutig als Global Player auf der wirtschaftlichen Weltbühne etabliert hat. Hier sollten Sie beachten, dass es „das eine Chinesisch‟ nicht gibt, sondern Chinesisch eine Sprachgruppe ist, die vor allem von zwei Sprachen dominiert wird: Dem leicht inkorrekt betitelten „Mandarin‟ und Kantonesisch. Ähnliches gilt für Indisch, das es per se nicht gibt, sondern stellvertretend für eine Unzahl an Sprachen und regionalen Dialekten steht.
Sollten sich Ihre Geschäftsbeziehungen explizit auf Japan konzentrieren können Sie mit viel Staunen und Bewunderung rechnen, wenn Sie mit ausgefeiltem Businessjapanisch auftreten. Ihr Gegenüber wird Sie in ganz anderem Licht sehen, wenn sie mit der Kenntnis dieses nicht gerade einfachen Zweiges der japanischen Sprache glänzen können.
Integration und soziale Berufe
Sie müssen keine internationalen Geschäftsbeziehungen pflegen, um beruflichen Nutzen aus einer Fremdsprache zu ziehen. In Deutschland leben zahlreiche Familien, die nicht oder nur unzureichend der deutschen Sprache mächtig sind. Gerade in Berufen, die viel in Kontakt zu sozial schwachen Schichten kommen, ist es mindestens hilfreich, nicht auf eine Übersetzung angewiesen zu sein.
Durch die Migration in der Nachkriegszeit des letzten Jahrhunderts sind vor allem Türkisch und Italienisch in Deutschland angekommen. Auch wenn die Nachkommen der damaligen Einwanderungswellen größtenteils zumindest zweisprachig aufgewachsen sind hat die ältere Generation es nicht immer geschafft, Deutsch auf angemessenem Niveau zu lernen.
In den letzten Jahren ist außerdem die Nachfrage an arabischen Sprachkenntnissen gestiegen und Ukrainisch ist auf diesem Feld definitiv eine Sprache, die für die Zukunft als relevant zu betrachten ist.
Sprachen lernen für die Freizeit und in der Freizeit
In unserer Freizeitgestaltung finden sich ebenso mannigfaltige Gründe, eine Sprache zu lernen, wie im Beruf. Reisen Sie gerne und möchten sich mit den Einheimischen in der Landessprache unterhalten? Genießen Sie die Kultur eines Landes und möchten sich diese im originalen Wortlaut zu Gemüte führen?
Reisen
Sofern Sie ein bevorzugtes Reiseziel haben beantwortet sich die Frage nach der Sprache meist von alleine. Als Globetrotter ohne festes Ziel ist das schon etwas Anderes. In Mittel- und Südamerika ist selbstverständlich Spanisch von großem Nutzen. Für Brasilien brauchen Sie allerdings das dem Spanischen sehr ähnliche Portugiesisch, vorzugsweise in der brasilianischen Variante, die einen deutlich abweichenden Klang besitzt. Französisch wird Ihnen in Teilen Kanadas und vielen ehemaligen französischen Kolonien in Afrika und Südostasien hilfreich sein. In den meisten anderen Teilen der Welt ist Englisch mindestens eine gute Stütze, wenn Sie keine offizielle Amtssprache sprechen.
Indogermanische Sprachen
Wenn Deutsch Ihre Muttersprache ist werden die meisten europäischen Sprachen für Sie leichter sein als zum Beispiel eine asiatische Sprache. Das liegt nicht nur an der bekannten Schrift, sondern auch daran, dass fast alle Sprachen durch die indogermanische Sprachfamilie miteinander verwandt sind und auch viele Lehnwörter aus dem Latein verwenden, die in fast allen Sprachen wiederzuerkennen sind. Ausnahmen sind hier Finnisch und Ungarisch, die zu den uralischen Sprachen zählen und abgesehen von Lehnwörtern keine Verbindung zu indogermanischen Sprachen haben, sowie die slawischen Sprachen Osteuropas, die zwar zu den indogermanischen Sprachen zählen, sich jedoch deutlich von den stärker vom Latein beeinflussten Sprachen Westeuropas unterscheiden.
Künstliche Sprachen
Wirklich zum reinen Vergnügen haben Sie heutzutage ebenfalls die Möglichkeit, künstliche Sprachen zu lernen, die aus Film, Fernsehen und Literatur populär geworden sind. Klingonisch, das aus dem Star Trek-Universum stammt, ist hier ein klassisches Beispiel. Das von J. R. R. Tolkien ersonnene Elbisch besitzt einen melodischen Klang und eine kalligraphisch anspruchsvolle Schrift, während in den letzten Jahren Valyrisch durch die Buchreihe „Ein Lied von Eis und Feuer‟ und die daraus entstandene Serie „A Game of Thrones‟ an Bekanntheit gewonnen hat. Bei diesen Sprachen werden sich die Möglichkeiten zum sinnvollen Einsatz jedoch in Grenzen halten.
Fazit
Die Entscheidung, welche Sprache Sie lernen möchten, hängt davon ab, was Sie damit bezwecken wollen. Dient die Sprache der Unterstützung Ihrer beruflichen Laufbahn, wollen Sie sich auf Reisen unterhalten können, möchten Sie eine andere Kultur unverfälscht genießen oder ist das Lernen der Sprache reiner Selbstzweck aus Liebe zum Lernen? All diese Gründe sind legitim und es gibt nie einen falschen Anreiz, eine Sprache zu lernen. Es hilft ungemein, wenn Sie als Erstes das Ziel definieren, das sie sich selbst stecken möchten. Dann haben sie den ersten Schritt getan und haben einen Ausgangspunkt für Ihre Entdeckungsreise in eine neue, unbekannte Sprache.